Über unsere Branche

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Kundenservice? Ein Fremdwort! Das hören wir von vielen frustrierten Wohnungseigentümern, die einen neuen Verwalter suchen. Abrechnung, Eigentümerversammlung, Kontaktaufnahme – nichts läuft wirklich rund.

Bei manchen WEG-Verwaltern möchte man einfach nur weglaufen. Foto: Stephan Walochnik

Die Jahresabrechnung ist ein Urwald aus Ziffern und Listen, durch den niemand so richtig durchblickt. Außerdem ist sie frühestens im Septemberfertig, und Sie verstehen Sie nur Bahnhof. Ein Urwald aus Begriffen wie „Saldo“, „WP-Soll“ oder „Beiratsabrechnung“ macht den Leser schwindelig und Sie erkennen, dass ein Kurs in höherer Mathematik wahrscheinlich spannender ist als die Lektüre dieses Zahlenwerks. Müssen Sie Buchalter oder Wirtschaftsprüfer sein, um das Zahlenwerk zu durchblicken? Muss eine Jahresabrechnung unbedingt ein Urwald voller unverständlicher Begriffe und Zahlen sein? Nach zwei oder drei Versuchen, das Zahlendickicht (Schriftart Courier New, Größe 12) doch zu bändigen, geben Sie entnervt auf und suchen einfach nur nach Ihrem „Saldo“, aber Sie erkennen die „Richtung“ nicht: Guthaben oder Nachzahlung? Hierzu müssen Sie noch eine Runde drehen und die Ausgaben mit Ihren Vorschüssen vergleichen. Eigentlich hätten Sie ja ein paar Fragen zur Abrechnung, aber der Verwalter geht nicht ans Telefon und ruft nicht zurück… Und wer macht jetzt eigentlich die Abrechnung für Ihren Mieter?

Dabei ist die Jahresabrechnung doch für Sie gemacht. Sie muss einfach, klar und verständlich sein. Auch ohne fremde Hilfe müssen Sie in der Lage sein, die einfache Einnahmen-Ausgaben-Rechnung eigenständig zu verstehen.

Zu den Eigentümerversammlungen gehen Sie schon seit Jahren nicht mehr – oder nur mit Zähneknirschen. In der Einladung finden Sie höchstens ein paar Stichworte und den Versammlungsort. Aussagekräftig ist dort nichts. Der Verwalter hält seinen eintönigen Monolog, aber niemand kann ihm so richtig folgen. Die Themen wurden kaum vorbereitet, und es gibt keine Fotos zu größeren Maßnahmen. Angebote oder jedwede Form der grafischen Aufbereitung fehlen. Es ist zum Verzweifeln. Wenn jetzt über eine größere Baumaßnahme beschlossen wird, kann es teuer werden, also trinken Sie bloß viel Kaffee, damit Sie wach bleiben! Kein Wunder, dass es so viele Anfechtungsklagen gibt.

Über den „klassischen Dreiklang“ der Kommunikation muss man nicht viel sagen: Der Verwalter geht nicht ans Telefon, ruft nicht zurück und antwortet auch nicht auf Emails, sofern er denn eine Mailadresse hat. Bleibt nur noch das Einschreiben mit Rückschein …

Ja, es nervt.

Foto: Stephan Walochnik

Unsere Branche benötigt Hilfe. Man spricht neuerdings von „Digitalisierung“. Diese „Digitalisierung“ ist in doppelter Hinsicht ein Synonym: Entweder für überteuerte Lehrgänge, zu denen man sich – ganz digital – per Fax anmelden kann. Oder für noch viel teurere Software-Lösungen, die nicht mehr leisten als die guten alten Standardprograme wie Microsoft Excel und Word, sofern man diese bedienen kann. Zumindest die Angehörigen meiner Generation verstehen, dass man nichts teuer kaufen darf, was man mit elementaren Programmierkenntnissen in zwei Tagen mit Excel und VBA selbst erstellen kann.

Die Branche sollte nicht von „Digitalisierung“ sprechen (geschweige denn flüstern), bevor es nicht Routine ist, den Kunden die Jahresabrechnung per E-Mail zuzusenden. Oder bevor es selbstverständlich ist, das Protokoll der Eigentümerversammlung spätestens am nächsten Tag per Mail zuzusenden. Möglich wäre es. Wie das geht? Ganz einfach. Ein Beschluss wird durch Stimmenauszählung und „Verkündung“ rechtswirksam – und nicht dadurch, dass der Beirat das Protokoll unterzeichnet. Daher muss das Protokoll auch wörtlich den auf der EV vorgelesenen Beschlusstext enthalten und darf nachträglich nicht geändert werden. Ein Protokoll ist ein Festhalten dessen, worüber die Anwesenden abgestimmt haben. Es gibt keinen Grund, es nicht direkt anzufertigen – wir senden es Ihnen spätestens binnen 24 Stunden nach der Versammlung per Mail (auf Wunsch auch per Post).

Leider werden viele Regeln des WEG-Rechts von überlasteten Verwaltern dazu missbraucht, dem Kunden zu erklären, warum man ihm nicht helfen kann. „Datenschutzgründe“ sind die häufigste Ausrede.  Viele Verwalter sollten kundenorientierter arbeiten. Sie sollten überlegen, wie Sie der Eigentümergemeinschaft den größten Nutzen bereiten können – und dann auch darüber sprechen. Das WEG-Recht darf nicht zum Vorwand degradiert werden, untätig zu bleiben. Worum geht es, was möchten die Eigentümer? Was die Mehrheit wünscht, bestimmt die Vorgehensweise. Leider benutzen viele Verwalter die Regeln von WoEigG, DSGVO & Co. als Vorwand, um sich den Kunden vom Leib zu halten.

Foto: Stephan Walochnik